Mit Gott im Grünen

Wege rund um die Kapelle Jager

Wege

„Geh los … in das Land, das ich Dich sehen lasse“

– 1 Mose 12,1

„Siehe, ich sende

einen Engel vor Dir her,

der Dich behüte auf dem Weg“

– 2 Mose 23,20

„Gott hat uns nicht gegeben

den Geist der Furcht,

sondern der Kraft, der Liebe

und der Besonnenheit“

– 2 Timotheus 1,7

„Ein jegliches hat seine Zeit,

und alles Vorhaben

unter dem Himmel

hat seine Stunde“

– Prediger 3, 1

„Ich danke dem Herrn

von ganzem Herzen

und erzähle alle Deine Wunder“

– Psalm 9,2

Termine

Grußwort

Unsere Zeiten sind geprägt von Beschleunigung und Hektik, oft bewegen wir uns ausschließlich im Auto und nicht zu Fuß. Dennoch werden das Wandern und Pilgern immer mehr zu einem Trend.
 
Wir möchten Dich ermutigen, die Schätze der Wege vor der eigenen Haustür zu entdecken. Gemeinsam sind wir die einzelnen Routen gegangen. Uns hat beeindruckt, welche unentdeckte Vielfalt direkt vor unserer Nase liegt.
 
Wir möchten Dich einladen, die wunderbaren Wege rund um Jager zu erkunden und, frei nach Werner Heisenberg „vielleicht wartet am Ende des Weges Gott...“.
 
„Der erste Schluck aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grunde des Bechers wartet Gott!“

– Werner Heisenberg
 
Der Titel „Mit Gott im Grünen“ hat noch eine tiefere Bedeutung. Jeder Mensch hat etwas Göttliches in sich, einen göttlichen Kern. Gott in Deinem Herzen mitzunehmen, die göttliche Kraft in dir selbst zu entdecken und mit dieser Kraft in der Natur zu verweilen, dazu soll diese Broschüre anregen.
 
Während des Schreibens haben sich immer mal wieder die Wörter Pilgerweg und Pilgertour eingeschlichen. Die altbekannte Frage, was der Unterschied zwischen Wandern und Pilgern sei, ist nicht ganz leicht zu beantworten. Pilgern mag für viele Menschen die Vorstellung einer spirituellen Reise auf dem Weg nach Santiago de Compostela, Rom, Jerusalem, Trondheim oder zu anderen heiligen Orten sein. Doch immer mehr Menschen, unabhängig von einer Religionszugehörigkeit, pilgern heute. Eines der Schlüsselworte des Pilgerns, die die Heilige Birgitta von Schweden benannt hat, ist die Geistlichkeit. Heute würde man vielleicht eher von Spiritualität sprechen.


Möge dein Weg, egal ob Pilgerweg oder Wanderung, reich an Erlebnissen, Begegnungen und innerem Frieden sein.
 
Buen Camino, Ultreia, Shalom und Gott befohlen,

Sabine Petters und Sandra Pixberg

Anregungen & Gebete

Alle Routen beginnen an der Kapelle in Jager. So liegt es wörtlich nahe, in der Kapelle vor der Wanderung innezuhalten.


In die Wände unserer Kirchen sind im übertragenen Sinne die Gebete der Menschen aus unseren Vorzeiten eingeschrieben, so oder so ähnlich hat Heinrich Bedford-Strohm es einmal formuliert. Dies ist sicher ein Grund für die Stimmung in Kirchen, in denen Menschen vielleicht den besonderen Geist Gottes spüren können.

Loslassen


Wenn Menschen sich im Mittelalter auf den Pilgerweg gemacht haben, war dies mit großen Gefahren verbunden und sie wussten nicht, ob sie auch wieder heil zurückkehren würden.

 

Daher gehörte es dazu, sich von der Familie und Nachbarschaft zu verabschieden und mögliche Schulden, seien es materielle oder auch ein Dank oder eine anstehende Versöhnung, zu begleichen.

 

Was möchtest Du heute hinter Dir lassen, um mit „leichtem Gepäck“ gehen zu können? Du kannst es in Worte fassen oder einfach dafür eine Kerze in der Kapelle anzünden.

Gebet


Pilgern wird auch Beten mit den Füßen genannt, wobei Beten ja ein sehr weiter Begriff ist. Daher ein kurzer Ausflug zu möglichen Formen des Gebetes. Schweigen, Gebete aus Büchern, uralte Gebete aus der Bibel, eigene Worte, seien sie gestammelt, gemurmelt, klar formuliert, geseufzt, geweint, all das ist Gebet.

 

Auch die Gebetshaltung kann weit über die bei uns üblichen gefalteten Hände hinausgehen, still in sich ruhend und entspannt, aufrecht sitzend oder stehend mit geöffneten Händen vor oder auch über dem Körper, die Hände auf der Brust haltend.

 

Eine sehr aktive Form des Gebetes ist das Körpergebet, in dem der Körper mit eingebunden wird.

Impuls

 

Als Impuls kannst Du Dir das Wort der jeweiligen Tour laut oder leise vorlesen. Gut geeignet sind auch die jeweiligen Tageslosungen der Herrnhuter Brüdergemeine oder persönlich ausgewählte Worte, mit denen Du den Weg starten möchtest. Einen Impuls kannst Du als Anstoß verstehen, er darf gerne auch wieder losgelassen werden, um Zufällen eine Tür offen zu lassen.
 
Bekannt ist die Evangelische Brüdergemeine Herrnhut vor allem durch die Herrnhuter Sterne. Seit 1731 bringt sie jährlich die Losungen mit jeweils einem Bibelvers des Alten und Neuen Testaments zur täglichen Andacht heraus. Inzwischen sind „Die Losungen“ in über 50 Sprachen übersetzt und auf allen Kontinenten in einer jährlichen Auflage von rund 1,75 Millionen im Gebrauch.

Segen


Segen bedeutet „etwas Gutes sagen“, abgeleitet von lateinisch benedictio, von benedicere aus bene („gut“) und dicere („sagen“).


Dies kannst Du auf verschiedene Weise ausprobieren. Es gibt fertig formulierte Segenswörter. Ein besonderes Erleben kann auch entstehen, wenn man sich gegenseitig etwas Gutes zuspricht.

 

Probiere es aus!

Gehen im eigenen Tempo


Es gibt so etwas wie ein persönliches Wohlfühltempo, das kann auch gerne mal tagesabhängig schwanken.

 

Erlaube es Dir.

Pausen und Muße


Je nach Wetter und Laune nimm Dir zwischendurch Zeit.

 

Eine Anregung dazu findest Du bei „Muße – die Einsteigertour“.

Achtsamkeit und Schweigen


In der Gruppe und vielleicht, wenn man sich lange nicht gesehen hat, gibt es oft viel zu erzählen. Bewusst einen bestimmten Abschnitt des Weges schweigend zu gehen, kann eine neue Art des gemeinsamen Erlebens schaffen.

 

Vielleicht probierst Du es mal aus.

Ankommen


Die Kapelle ist Ziel einer jeden Route. Nimm Dir noch einmal eine bewusste Zeit der Stille. Was ist Dir begegnet und wofür bist Du dankbar?

 

Und wie zum Start kannst Du wieder mit Gebet und Segen und einer angezündeten Kerze die Tour abschließen.

Der Weg zurück


… ist bedeutsam. Nimm Dir Zeit für den Weg nach Hause und nimm Dir Zeit, das Erlebte zu verdauen. Manche Erkenntnisse sind nicht immer gleich offensichtlich oder brauchen Zeit, bis man sie wirklich versteht.

 

Sei geduldig, wenn Du heute noch nicht die Antwort gefunden hast.

Köpergebet zum Tagesbeginn

 

Geist des lebendigen Gottes,
Arme nach oben, ihnen nachschauen

 

Erfrische mich wie Tau am Morgen,
Arme zurückführen, bis Hände auf Herzhöhe, dabei Finger wellenartig bewegen

 

Öffne mich,
Arme ausbreiten, Handflächen nach vorn geöffnet

 

Fülle mich
Arme vor der Brust kreuzen, Hände Richtung Körper

 

Forme mich
Hände nach vorn drehen

 

Brauche mich
Arme sinken lassen; nochmal ausbreiten; Handflächen nach oben geöffnet

Segen

 

Gehe nun mit Gottes Segen.
Er halte schützend seine Hand über Dich,
Er bewahre deinen Mut und deine Gesundheit.
Er öffne dir die Augen und Ohren
für die Wunder dieser Welt.
Er mache dein Herz froh
Gott sei über dir, um dich zu segnen.
Amen.


Gott segne die Erde, auf der ich heute stehe
Gott segne den Weg, auf dem ich neu gehe
Gott segne das Ziel, für das ich heute lebe

Psalm 23

 

Der HERR ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

Öffne meine Augen

 

Öffne meine Augen, Gott,
Deine Herrlichkeit in der Vielfalt
Von Pflanzen und Blumen zu sehen.

 

Öffne meine Ohren, Gott,
Deine Stimme im Vogelsang
Und im Rauschen der Blätter zu hören.

 

Öffne mein Herz, Gott,
Deine Liebe in der Fülle
Von Früchten und Samen zu erahnen.

 

Öffne meine Hände, Gott,
Deine Schöpfung
Zu pflegen und zu bewahren.

 

Öffne mein Leben, Gott,
Und mach mich fähig,
Dich in allem zu erkennen.

Mein Herz öffnen

 

Franz Ferstl

 

Für das Neue, das mich weiterführen will

 

Für das Beständige, das Grund meines Vertrauens ist

 

Für das Geschenkte, auf das ich bauen kann

 

Für das Erlebte, das mich geprägt hat und Teil meines Lebens ist

 

Für das Unerwartete, das mich aufrütteln und zum Nachdenken anregen will

 

Für das Zukünftige, das mir Gott zutraut

Gebet der Hl. Birgitta von Schweden

 

Herr zeige uns den Weg
und mache uns bereit,

diesen Weg zu gehen.

 

Schwedisch:

Herre visa oss din Väg,

Och gör oss villiiga

att vandra den

Körpergebet zum Tagesabschluss

 

Nach einem Körpergebet von Sr. Anna-Maria a. d. Wiesche, Selbitz


Gott, ich breite meinen Tag aus vor Dir und danke Dir,

Handflächen aneinander in Brusthöhe; Arme ausbreiten, Handflächen geöffnet nach oben

 

Alles überlasse ich, lasse ich

Hände drehen und Handflächen nach unten zeigen lassen

 

Deiner Barmherzigkeit.

Arme sinken lassen

 

Dein bin ich für Zeit und Ewigkeit.

Hände vor der Brust kreuzen; eine Weile ruhig stehen und auf den Atem achten

Muße

Die „Einsteigertour“

„Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?“

– Matthäus 6,26

Bevor Du Dich auf den Weg machst, möchte ich Dich zur Muße einladen, sozusagen als Einstiegstour. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes (althochdeutsch „muoza“, mittelhochdeutsch „muoze“) war Gelegenheit oder auch Möglichkeit.

 

Also nicht sinnloser Müßiggang oder Faulenzen, wie wir es vielleicht in Kindertagen abwertend gehört haben, sondern eine Gelegenheit, um

  • die Seele baumeln zu lassen
  • den Gedanken freien Lauf zu lassen
  • sich dem Augenblick hinzugeben
  • loszulassen

Schau, wie wunderbar die Welt um Dich herum ist, nimm Dir Zeit, sie in ihrer ganzen großen Fülle wahrzunehmen, wie wunderbar alles seinen Platz hat und sich zu einem großen Ganzen fügt. Suche Dir ein Detail aus der näheren Umgebung, vertiefe Dich in die Rindenstruktur eines Baumes, erkunde die Verschiedenheit von Blättern oder Blüten.


Lausche den Geräuschen, dem Vogelgezwitscher oder Blätterrauschen. Erkunde die Luft um Dich herum, indem Du Dich ganz auf Geruch konzentrierst.

 

Muße und Stille sind Nährboden für neue Gedanken und Ideen, es ist im wahrsten Sinne Schöpferkraft, die hier zum Wirken kommen kann.

 GEH-DANKEN-GANG

Wie geht es Dir?
Geht so
Muss ja irgendwie weitergehen
Nichts geht mehr
Vergaloppiert
Etwas nachgehen
Zu sich selbst kommen
möchte etwas bewegen
Wie bewegend…
zugänglich
Umwege
Aufstieg – Abstieg – Absturz
Vergehen
Gehilfen – Geh-hilfe
Weglaufen
Weltflucht
Untergehen Untergang
Werdegang
Das geht mir nahe
Ausgang und Eingang
Schalte mal einen Gang runter
Guter Ausgang
Ausweg gefunden
ich komme langsam wieder in die Gänge
Es geht bergauf
ich komme zu mir
es kommt zu mir
ankommen

 AN-GEH-KOMMEN

Sabine Petters

Die Autorinnen

Sandra Pixberg

Sandra Pixberg studierte Kulturwissenschaften, Romanistik und Erziehungswissenschaften in Bremen. Nach ihrem Magisterstudium schrieb sie als freie Journalistin Beiträge für die Bremer Tagespresse. Mit ihrem Mann zusammen gründete sie eine Familie und siedelte 2002 nach Sassnitz auf Rügen über.


Seit 2007 veröffentlicht sie Sachbücher und Romane bei unterschiedlichen Verlagen. Durch die Recherche für die Bücher tauchte sie in die Geschichte Rügens ein und konnte Informationstafeln der Orte Sassnitz, Putbus und Stralsund erstellen.


Sie übernahm zahlreiche Redaktionen für lokale Zeitungsprojekte und fachspezifische Zeitschriften, gab Kurse in kreativem Schreiben für Schüler*innen und ist bis heute als freie Lektorin tätig. Mit der Lyrikerin Silke Peters zusammen leitete sie 2021 bis 2023 die »Schreibwerkstatt Frankenthal«.


2022/23 konzipierte sie für die Rügener Soroptimisten die Wanderausstellung »Im Gegenstrom – Frauen auf Rügen im Wandel der Zeit«.


Auch sammelte sie botanisches und geologisches Wissen der Ostseeküste, erkundete Wander- und Radwege, das zwischen 2014 und 2020 in sieben Reiseführer-Veröffentlichungen mündete. Ihr jüngster Reiseführer, »Pilgerweg der Birgitta«, den sie mit der Pastorin Ellen Nemitz gestaltete, erschien 2020. Sie lebt mit ihrer Familie in Altefähr auf Rügen.

Sabine Petters

Die gebürtige Stralsunderin ist Pilgercoach, begleitet Pilgertouren und führt gemeinsam mit ihrem Mann Olaf die Herberge „Alter Heuboden“ in Jager. Im Sommerhalbjahr betreut sie als geistliche Begleiterin die Kapelle Jager mit kalligrafischen Texten, Denkanstößen und Andachten zur Stille.


Sie studierte in Rostock Landwirtschaft. Weitere berufliche Stationen waren das Umweltamt des Landkreises Stralsund, ein Biohof nahe Züssow, eigene Tierheilpraxis sowie Eventmanagerin im Gutshof Groß Behnkenhagen. An der Hochschule Stralsund hat sie im Projekt „KarriereStartMentoring“ Studentinnen beim Berufseinstieg unterstützt.


2014 ging sie das erste Mal mit ihrem Mann auf eine Pilgertour. Seit 2015 betreut sie ehrenamtlich die „Offene Kapelle“ in Jager. Zur Familie Petters gehören vier erwachsene Töchter und vier Enkelkinder. Sabine Petters ist vielseitig ehrenamtlich engagiert. Sie singt bei den „Pommerschen Engelspierken“ mit, ist Wegpatin an der Via Baltica, Gründungsmitglied der „Ökumenischen Pilgerinitiative Vorpommern“ und Mitglied der Frauendelegiertenkonferenz der Nordkirche.